Bohnet Modelle, Mode und Manufaktur

Finissage mit dem Thema „Nachhaltigkeit in der Mode“ 

Das Museum Ehingen und die Museumsgesellschaft Ehingen haben am Sonntag, 30.10.2022 um 11:00 Uhr, Interessierte zur Finissage mit Frau Gabriele Bauer-Feigel, der Kuratorin der Ausstellung Bohnet Modelle, Mode und Manufaktur, ins Museum Ehingen, Spitalkapelle eingeladen.
Zwei Saxophonisten haben mit klassischer und mit Klezmer Musik die Finissage, also das feierliche Ende der Ausstellung, umrahmt.

Frau Bauer-Feigel rundete die Ausstellung gelungen mit einem Vortrag über das Thema Nachhaltigkeit in der Mode ab.

Sie referierte über die Rohstoffe, deren Anbau, Bearbeitung und auch über die sogenannte Veredlung von Stoffen. Die Stoffe, bei denen Kunststoffe beigemengt werden, können z.B. nur mit großen Aufwand bzw. mit Schwierigkeiten recycelt werden. Bei den sogenannten Billigprodukten von Kleidungsstücken, z.B. T-Shirts müssen sich uns die Fragen aufdrängen: Wie leben die Menschen, die daran gearbeitet und genäht haben? Können diese sich und ihre Familie ernähren? Oder der Unternehmer, kann er die Fabrikgebäude in Schuss halten, damit seine Arbeiter und Arbeiterinnen darin ungefährdet ihrer Arbeit nachgehen können? Als Beispiel wurde von ihr Bangladesch und der dortige Einsturz eines maroden Fabrikgebäudes, bei dem viele Arbeiter und Arbeiterinnen verschüttet wurden, angeführt. Frau Bauer-Feigel führte weiter aus, dass Unmengen von Kleidung produziert werden, davon aber 40 % nie getragen werden, weil sie z.B. mengenmäßig nicht gebraucht werden, also überproduziert wurden oder weil die Farbe oder das Modell aus der Mode gekommen ist. Diese Kleidung landet also sofort in der „Maschinerie“ des Recycelns, damit stellt sich automatisch die Frage nach den Gesichtspunkten der Ökologie, der Wirtschaftlichkeit und des sozial Verträglichen.

Frau Bauer-Feigel spannte den Bogen zu den Bohnet Modellen, Mode und Manufaktur, zu Frau Anneliese Müller-Bohnet. Frau Bohnet war es damals sehr wichtig, dass ihre Stoffe nachhaltig hergestellt wurden und ebenso ihre Kleider nachhaltig waren. Viele Besucher haben überrascht festgestellt, dass die in der Ausstellung gezeigten Kleider sehr wohl auch heute noch zu tragen wären.

Die Ausführungen von Frau Bauer-Feigel zur Nachhaltigkeit in der Mode wurden von allen begeistert, aber auch nachdenklich aufgenommen. Wir bedanken uns bei Frau Bauer-Feigel ganz herzlich für das Kuratieren der überaus gelungenen Ausstellung „Bohnet Modelle, Mode und Manufaktur“.

Wir bedanken uns auch bei den beiden Musikern, Herrn Huber und Herrn Dittrich, für die einfühlsam gespielte Musik.

Das Museum Ehingen und die Museumsgesellschaft Ehingen konnten eine überwältigende Zahl von Besuchern zu dieser Ausstellung begrüßen. Darüber haben wir uns natürlich sehr gefreut und auch darüber, dass das von uns gewählte Thema Mode so gut angenommen wurde.

 

 

 

 

 

 

 

Bohnet Modelle, Mode und Manufaktur

Ehemalige Beschäftigte treffen sich.


Zur Ausstellung Bohnet Modelle, Mode und Manufaktur gab es am Freitag, 14.10.2022 um 14:30 Uhr ein Treffen ehemaliger Beschäftigter der Firma Bohnet Modelle in der Spitalkapelle, zu dem das Museum Ehingen und die Museumsgesellschaft Ehingen eingeladen hatten.
Herr Hans-Otto Steudle, ein Neffe von Anneliese Müller-Bohnet, hat über seine Zeit im Schloss Zwiefaltendorf ausführlich und interessant, und mit einigen Details zu seinen Erinnerungen als Kind und Jugendlicher berichtet.

Den Bericht hörend, den Film sehend und anschließend in der Runde sitzend kam dann doch das eine oder andere interessante Detail zur Sprache und auch die eine oder andere Geschichte wurde erzählt.

Das Treffen hat die Ausstellung Bohnet Modelle, Mode und Manufaktur noch mit persönlichen Erinnerungen hervorragend ergänzt und das Bild der Manufaktur mit Menschlichem und Persönlichem abgerundet.

Für alle war es wohl ein erfreulicher, unterhaltsamer Nachmittag, denn 22 frühere Beschäftigte der Manufaktur „Bohnet Modelle“ und auch andere Interessierte haben sich mit Begeisterung an der Gesprächsrunde beteiligt.

Wir bedanken uns bei Herrn Steudle für seinen ausführlichen Bericht sehr herzlich.

Außerdem möchten wir uns bei allen Ehemaligen und Interessierten für die vorgetragenen, interessanten Erzählungen bedanken

 

Text: Ursula Romer

Bilder: Heike Meijer

 

 

 

 

Bohnet Modelle, Mode und Manufaktur

Matinée

Zur Ausstellung "Bohnet Modelle, Mode und Manufaktur" gab es am Sonntag, 25.09.2022 um 11:00 Uhr eine Matinée, zu der das Museum Ehingen und die Museumsgesellschaft Ehingen Interessierte in die Spitalkapelle eingeladen haben.

Frau Gabriele Bauer-Feigel, die Kuratorin der Ausstellung Bohnet Modelle, Mode und Manufaktur hat in der Matinée einen weiteren, interessanten Punkt, nämlich das Weben von Stoffen, beleuchtet.

Für Frau Bohnet war das Herstellen von Stoffen in einer eigenen Handweberei, ein großes Thema. Es gab in den Anfangszeiten ihres Unternehmens, nach dem zweiten Weltkrieg, einfach kein Material und keine Stoffe. So war sie gezwungen, ihre eigenen Stoffe zu entwerfen und zu weben. Eine erwähnenswerte Besonderheit von Frau Bohnet, sie hatte bereits den Entwurf ihres Kleidermodells im Kopf und konnte so, das Webmuster des Stoffes genau auf ihren Entwurf abstimmen.
Um das Thema Weben zu veranschaulichen, hat uns Frau Bauer-Feigel das Einrichten eines Webstuhles an einem Schaubild genauer erläutert. Dazu gehört u.a. das exakte Ablängen der Kettfäden, das Aufbäumen der Fäden, kurz gefasst, alles in allem ein sehr komplexes Thema. Frau Bauer-Feigel zeigte uns dazu noch diverse handgewebte Muster und Stoffbahnen, von Frau Bohnet selbst entworfen und gewebt.
Damals gab es noch den Ausbildungsberuf zum Weber oder zur Weberin, der dann aber 2011 der Ausbildung zum Textilgestalter im Handwerk zugeschlagen wurde. Frau Bohnet beschäftigte in ihrem Unternehmen 20 bis 25 Frauen. Vielleicht auch erwähnenswert, das Unternehmen hatte zuletzt acht Webstühle.

Die Matinée mit Frau Bauer-Feigel wurde wieder von 25 Interessierten und früheren Beschäftigten der Manufaktur „Bohnet Modelle“ begeistert aufgenommen.

Wer wiederum noch mehr Einzelheiten zu den Modellen und Webarten erfahren wollte, dem erläuterte Frau Bauer-Feigel gerne die Feinheiten an den Kleidern oder an den entsprechenden Vitrinen.

Abschließend wurde wieder der sehr informative Film über Frau Anneliese Bohnet und ihrem Unternehmen, gedreht von Frau Lilian Hess, der Großnichte von Anneliese Bohnet, im Museum gezeigt.

Wir bedanken uns bei allen Beteiligten.

 

Text: Ursula Romer

Bilder: Hermann Leichtle

 

 

 

Bohnet Modelle,  Mode und Manufaktur

Kuratoren Führung  

Das Museum Ehingen und die Museumsgesellschaft Ehingen haben am Sonntag, 07.08.2022 um 14:30 Uhr Interessierte zu einer Führung mit Frau Gabriele Bauer-Feigel, der Kuratorin der Ausstellung Bohnet Modelle, Mode und Manufaktur ins Museum Ehingen, Spitalkapelle eingeladen.

Zu unserer großen Überraschung kamen etwas mehr als fünfzig Interessierte, darunter auch frühere Beschäftigte der Manufaktur „Bohnet Modelle“, in die Spitalkapelle zur Führung.

Frau Bauer-Feigel führte das Publikum in die Ausstellung ein, sprach über den Werdegang von Anneliese Bohnet, über die kleinen, mühsamen Schritte nach dem Zweiten Weltkrieg ein Unternehmen aufzubauen, und das noch als junge Frau.

Die Idee von Frau Bohnet war, Kleidungsstücke für die Frau zu entwerfen, die den ganzen Tag und bei vielen Anlässen getragen werden können.
So entwarf sie Boutique-Röcke, leichtere Kleider in Pastelltönen mit verschiedenen Stoffmustern, dunkler gehaltene Kleider zu gehobenen Anlässen und dann noch das Festkleid zu Hochzeit oder Kommunion.
In den Jahren 1960 bis 1970 bot sie verstärkt Modelle im Chanel-Stil an, unter Verwendung gröber strukturiertem Gewebe wie Tweed.

Frau Bauer-Feigel stellte in ihrer Ausstellung die Modelle, jeweils in Gruppen und zu Themen geordnet, zusammen.
Die thematisch entsprechenden Vitrinen, erläutern die Überlegungen und Gedanken zu den Entwürfen, ebenso beschreiben sie die einzelnen Modelle.

Wer noch mehr Einzelheiten zu den Modellen und Inhalten der Vitrinen erfahren wollte, dem erläuterte Frau Bauer-Feigel gerne persönlich manche Feinheit.

Abschließend wurde der sehr informative Film über Frau Anneliese Bohnet und ihr Unternehmen gezeigt. Der Film wurde gedreht von Frau Lilian Hess, der Großnichte von Anneliese Bohnet.

Die Kuratoren Führung von Frau Bauer-Feigel fand allseits Begeisterung. Das Museum Ehingen und die Museumsgesellschaft Ehingen bedanken sich bei Frau Bauer-Feigel sehr herzlich für die sehr gute, aufschlussreiche Führung.

Text: Ursula Romer

 

 

 

Einführung in die Sonderausstellung

Bohnet Modelle - Mode und Manufaktur 
von Fr. Bauer-Feigel

Guten Tag, meine sehr geehrten Damen und Herren, liebe Gäste,

ich freue mich über die Gelegenheit, Sie in diese neue Ausstellung einführen zu dürfen. Sie sehen hier Modelle, die aus der Handweb-Manufaktur „Bohnet-Modelle“ in Zwiefaltendorf stammen. Mit der Bezeichnung „Handweb-Manufaktur“ sind wir schon direkt bei der Besonderheit des Unternehmens von Anneliese Bohnet – später Müller-Bohnet – angekommen: die Stoffe für die Kleider wurden von Hand gewebt und anschließend auf individuelles Maß einzeln genäht. Die hohe Qualität der verwebten Garne, das sorgfältig durchdachte und schnörkellose Design der Entwürfe sowie die gute Verarbeitung zu einem Kleidungsstück machten die Modelle aus Zwiefaltendorf zu etwas Besonderem. Mit einem Bohnet-Modell war man in der Lage, mehrere Jahre mit wenigen Stücken immer passend gekleidet zu sein.

Diese Gedanken von Hochwertigkeit, von Sorgfalt und von Langlebigkeit habe ich an den Anfang meiner Ausführungen gestellt, weil sie genau das beinhalten, was wir heute mit dem Begriff „Nachhaltigkeit“ verbinden. Hier begegnen wir in einem anderen zeitlichen Kontext den gedanklichen Ansätzen im Umgang mit unserer Kleidung, die wir heute wieder neu für uns entdecken. „Use less“, also „weniger zu verbrauchen“ wurde uns schon vorgelebt. Hierin liegt die Aktualität dieser Ausstellung über eine Mode aus früherer Zeit.  

Nun möchte ich Sie zeitlich der Reihe nach diesen Kleidern näherbringen.

Anneliese Bohnet wurde 1919 als Tochter eines Lehrers im Umland von Ludwigsburg geboren. Nach der Schule absolvierte sie dort eine Schneiderlehre. Nicht nur, dass sie in den 1930er Jahren überhaupt einen Beruf erlernen durfte – sie wollte ihre Ausbildung vertiefen mit einem Studium an der Kunstgewerbeschule in Stuttgart. Dort absolvierte sie Aufgaben wie Entwurfszeichnen oder Handweben.

So gerüstet trat sie ihren Berufsweg als Entwurfsdirektrice in Textilfirmen an – zunächst auf der Schwäbischen Alb und danach in Italien, was zu der damaligen Zeit sehr ungewöhnlich und mutig war. Als sie wieder nach Deutschland zurückgekehrt war, arbeitete sie für die Zellwoll-AG in Kehlheim.  

Nach Kriegsende stand sie genauso vor dem Nichts wie die meisten anderen Menschen auch. Um eine Perspektive zu haben, machte sie sich innerhalb kürzester Zeit selbständig mit einem „Studio für dekorative Kunst“. Das Material für textiles Arbeiten war quasi nicht vorhanden, es mangelte an allem. Das brachte Anneliese Bohnet auf den Gedanken, aus vorhandenem Material neues zu stricken und zu weben – das hatte sie gelernt. In einer späteren Rede erzählte sie selbst über ihre Anfangszeit:

„Aber für mich war nicht einmal eine gebrauchte Strickmaschine in Sicht. – Nun, man kann ja auch von Hand stricken. So habe ich eben Strick- und Schnittmuster zu geliefertem Kundengarn angeboten und später auch komplette Modelle aus eigenem Wollgarn gemacht, außerdem handgesponnen. Der ganze Aufwand: ein paar Stricknadeln, etwas Zeichenpapier, gute modische Einfälle! Sie glauben nicht, was man alles stricken kann! – Sehr schnell war das Strick-Studio in aller Munde und voll von Strickerinnen und das Herstellungs-Programm umfangreich. Unsere Spitzenleistung waren handgestrickte Schottenröcke und ganze modische Kleider, mit Glockenrock, alles nahtlos gestrickt!“ (1992)  

Diese ersten Anfänge finden Sie in der Vitrine rechts neben dem Eingang zu unserer Kapelle ausgestellt. In der Vitrine daneben sehen Sie erste Web-Produkte: mit dem Kauf eines Webstuhls konnte die junge Unternehmerin Deckchen aller Art für den Wohnbereich herstellen, daneben Kissenhüllen und Tischdecken. Schals und Krawatten für den Herrn rundeten dieses Angebot ab. 

Nach knapp zwei Jahren wurde ihre Wohnung im Schloss Ossweil bei Ludwigsburg gekündigt. So sah sich Anneliese Bohnet 1948 gezwungen, ein neues Domizil für sich selbst und ihr junges Unternehmen zu suchen. Durch Vermittlung eines früheren Lehrers lernte sie das Schloss in Zwiefaltendorf kennen und „verliebte“ sich in den schönen Ort. Eigentlich war das Objekt etwas zu groß, aber sie wagte auch diese Entscheidung und blieb dort bis zur Abwicklung ihrer Firma über 20 Jahre später, im Jahr 1970.

Von da an konzentrierte sie sich auf die Herstellung von Damenkleidern. Sie kaufte weitere Webstühle und besuchte die ersten Messen im Nachkriegsdeutschland, um ein solides Geschäft aufzubauen. Das war in der damaligen Zeit nicht einfach. Aus Briefwechseln geht hervor, dass es für die junge Unternehmerin eine Schwierigkeit war, an Garne zu kommen. Man musste nicht nur auf vielen Ämtern um Genehmigungen und Berechtigungsscheine bitten, man musste auch viele Kontakte knüpfen und pflegen, und auch dadurch war noch kein Einkauf sichergestellt. Nach einer Reise berichtete sie einer Freundin per Brief ihre Enttäuschung darüber, dass es ihr gelungen war, einen Koffer mit Garn zu kaufen, und dieser ist ihr dann auf der Reise gestohlen worden, so dass alles umsonst war.

Auch sogenannte Kompensationsgeschäfte waren in ihrer frühen Geschäftsphase durchaus üblich: für den Kauf eines Webstuhls musste sie als Beispiel selbst Holz bereitstellen, ihre Kunden bezahlten teilweise mit Naturalien wie Porzellan, Gartenschläuchen, Koffern, Möbeln, Zucker, Weingläsern, Scheren und Fischkonserven. Diese Abmachungen geschahen im Wesentlichen im direkten Kontakt mit Kunden.

Schon 1948 entwickelte sie das Konzept, ihre Kleider auf Messen zu präsentieren und sie dann auf Maß für jede einzelne Kundin individuell zu schneidern und ihr per Post nach Hause zu schicken. Das sich neu entwickelnde Messesystem in Deutschland war historisch gesehen auch ein Gradmesser dafür, dass es mit der wirtschaftlichen Entwicklung langsam bergauf ging, dass die Bevölkerung wieder zu konsumieren begann, oder anders ausgedrückt, sich wieder etwas leisten und aufbauen konnte. Deutschland war schon seit dem Mittelalter ein wichtiges Messe-Land gewesen, aber in Anneliese Bohnets Zeit kam das Modell der sogenannten Verbrauchermessen hinzu.

Diesem Konzept, ihre Modelle ausschließlich auf Messen anzubieten, blieb sie bis zum Ende ihrer Tätigkeit treu, es hatte sich bewährt und ihrer Firma Stabilität gegeben. Es gab Messen wie zum Beispiel die Handwerksmesse in München, die Internationale Bodenseemesse in Friedrichshafen oder den Maimarkt in Mannheim, die sie regelmäßig besuchte. Andere Veranstaltungen probierte sie offensichtlich einmal aus, um sie dann doch nicht mehr zu besuchen. Sie war immer offen für Neues und besuchte auch Veranstaltungen, die es vorher nicht gab.

Von diesen Messen kehrte sie mit vollen Auftragsbüchern zurück, und dann mussten die Kleider hergestellt werden. In Stoßzeiten wie zum Beispiel in der Vorweihnachtszeit zog sie oft Aushilfskräfte in der Werkstatt hinzu, um alles bewältigen zu können – und dabei beschäftigte sie durchgehend über 20 Mitarbeiterinnen. Wie Sie dem schönen Film von Lilian Hess entnehmen können, waren dies ausschließlich Frauen. So kam es schon auch mal zu Ausdrücken wie „Fraueninsel“ oder „Schlossweiber“.

Hierin liegt eine weitere Besonderheit des Unternehmens von Anneliese Bohnet: in einem ländlichen Umfeld bot sie Frauen eine Möglichkeit der Beschäftigung an, die vereinbar war mit deren Lebensumständen. Eine Interview-Partnerin hat mir erklärt, ihr Verdienst wäre zu Beginn der 1950er Jahre komplett von einer Monatsfahrkarte für die Bahn aufgebraucht worden, wenn sie in einer anderen Stadt hätte arbeiten müssen. So aber lebte die junge Frau noch im Haus ihrer Eltern, hatte einen kurzen Fußweg zur Arbeitsstelle im Schloss und konnte sich finanziell etwas aufbauen.

Nur mit Frauen zu arbeiten stellte damals allerdings auch ein unternehmerisches Risiko dar: waren die jungen Mitarbeiterinnen erst einmal verheiratet, so war es üblich, dass sie zu Hause blieben und ein Familienleben führten. Noch immer durfte ein Ehemann darüber entscheiden, ob er es genehmigen wollte, dass seine Frau arbeiten ging. In der fortgeschrittenen Zeit ihrer Unternehmensführung musste sie deshalb ständig Annoncen aufgeben, um Weberinnen zu bekommen.

An dieser Stelle muss angemerkt werden, dass es dem Betrieb von Anneliese Bohnet nicht allein so ging. Alle Handwebbetriebe klagten über Personalmangel. Oft bekamen Weberinnen und Weber in der prosperierenden Industrie höhere Gehälter, und außerdem ging das Interesse an der Handweberei und an handgewebten Produkten insgesamt zurück. Das führte auf der einen Seite dazu, dass immer weniger junge Leute diese handwerkliche Ausbildung anstrebten, die es in der Zwischenzeit als Ausbildungsberuf gar nicht mehr gibt, und dass auf der anderen Seite auch die Kunden häufiger Industrieware kauften, weil sie günstiger war. Hier sehen wir den beginnenden Strukturwandel auf dem textilen Sektor, der sich natürlich noch dramatisch verschärfen sollte, bis hin zu der Situation, in der wir uns heute befinden. Trotz dieser Tendenzen hielt Anneliese Bohnet an ihrem Konzept der handgewebten Stoffe für ihre Entwürfe bis zum Ende fest; allerdings kaufte auch sie in ihrer letzten Phase als Unternehmerin industriell gewebte Stoffe für ihre Produktion hinzu, wenn sie ihrem Qualitätsempfinden entsprachen und preislich attraktiv waren. Aber es war ihr auch nach Abwicklung ihrer Firma immer ein persönliches Anliegen geblieben, sich für den Fortbestand des Handwebens in Form von Verbandsarbeit zu engagieren, viele Jahre davon im Vorstand. Dafür hat der Handwebverband in Sindelfingen sie im Jahr 1992 mit einem kostbaren Ehrenring gewürdigt.

Anneliese Bohnet war eine unermüdliche Zeichnerin – die Ideen für neue Kleider schienen ihr nicht auszugehen. Mit leichtem Stift skizzierte sie unzählig neue Entwürfe, probierte unterschiedliche Kragenlösungen, Ärmelformen oder die Anordnung von gewebten Streifen auf einem Kleid aus. Gleichzeitig probierte sie am Webstuhl unermüdlich neue Webmuster und Farbkombinationen aus. Genau in dieser Kombination lag ihre eigene Handschrift als Modeschöpferin, nämlich in der Verbindung ihrer Webmuster mit geeigneten Kleiderentwürfen. Sie dachte das Kleid vom Stoff aus, das heißt, sie entwarf nicht erst ein Kleid und suchte anschließend den dafür passenden Stoff aus, sondern beides gehörte von Anfang an untrennbar zusammen.

So entstand eine überwältigende Fülle von Schöpfungen, von denen ein ansehnliches Konvolut erhalten geblieben ist, und woraus wir Ihnen eine Auswahl präsentieren können. Dabei war es mein Konzept, Ihnen drei unterschiedliche Themenbereiche anzubieten: Erstens sehen Sie hier einen Reigen von Kleidern, manche davon mit dem für die 1950er Jahre so typischen Bolerojäckchen als Ergänzung. Das gepflegte hochwertige, aber nicht überdekorierte Kleid war eine Spezialität von Anneliese Bohnet. Gerne erzähle ich das vor dem Hintergrund, dass es in den 1950er Jahren modisch zum guten Ton gehörte, sich für jede Gelegenheit des Tages passend anzuziehen. Streng genommen war also eine Dame, die etwas auf sich hielt, ständig damit beschäftigt, sich umzuziehen. Dieses Modeverhalten war der unermüdlichen jungen Modeschöpferin auch persönlich suspekt. Sie wollte Modelle kreieren, die Frauen den ganzen Tag und in jeder Situation tragen konnten, wertig, nicht von der Person der Trägerin ablenkend und doch modisch auf der Höhe. Die Konzeption ist unserer Vorstellung von 24/7-Mode sehr nahe. Auch in unserer Zeit gibt es das Ideal, modebewusste Kleidung zu haben, die von morgens bis abends und an jedem Tag der Woche zu tragen ist. Hierin liegt ein Aspekt der Modernität in Anneliese Bohnets Schaffen.

Ein anderer Schwerpunkt ihrer Entwürfe waren die sogenannten „Boutique-Röcke“. Das waren weit schwingende Röcke, wie sie in den frühen 1960er Jahren hoch aktuell waren. In ihrer Beschwingtheit denkt man an Sommer, an Italien, an Vespa-Fahren, an Jugend.

Im weiteren Verlauf der 1960er Jahre nahm sie Elemente des beliebten Chanel-Stils auf. Auch an ihren Modellen sehen wir stiltypische kleinstrukturierte Gewebearten, kastig geschnittene Jacken mit Bordüreneinfassung sowie dazugehörige schmale, unaufgeregte Röcke.

Neben dieser wesentlichen Gruppierung von Modellen hat Anneliese Bohnet immer wieder Modelle für Mädchen angeboten. Hier können Sie als Besonderheit zwei Festkleider für kleine Mädchen sehen, ebenso wie ein Brautkleid, das aus ihrer Werkstatt stammt.

Gerne stehe ich Ihnen im Anschluss zur Verfügung, um Fragen zur Ausstellung zu beantworten.  

Lassen Sie mich schließen mit einem Zitat, dass ich auf einem maschinengeschriebenen Blatt in den persönlichen Unterlagen von Anneliese Müller-Bohnet entdeckt habe, und dass ihre Arbeit wunderbar auf einen kleinsten Nenner bringt: „Der Platz des Handwebers ist dort, wo das persönliche noch nicht untergegangen ist: Als Gegenpol des Genormten.“

Ich wünsche Ihnen viel Freude bei Ihrem Rundgang durch die Ausstellung und bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit.

Text: Frau Bauer-Feigel

 

  • Dauerausstellung

    Schätze aus dem Museum Ehingen

    Wie vor einigen Jahren anlässlich des Internationalen Tages der Museen zu sehen war, verfügt das Museum Ehingen in seinen Magazinen über umfangreiche Sammlungen, die nicht in der Dauerausstellung zu sehen sind. Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen bemühen sich ständig, weitere Objekte zu erwerben, die für Geschichte und Entwicklung der Stadt und der Region wichtig sind. Großzügige Schenkungen und Stiftungen aus der Bürgerschaft tragen immer wieder maßgeblich zur Ergänzung der Sammlungsbestände bei.

    Mehr erfahren

  • Bücherübergabe an Schulen

    Die Museumsgesellschaft Ehingen hat es sich zur Aufgabe gemacht, über historische Ereignisse und Zusammenhänge aufzuklären. Dazu gehört das von Dr. Rak verfasste und von der Museumsgesellschaft herausgegebene Buch „Nationalsozialismus in Ehingen“.

    Insbesondere jungen Menschen soll gezeigt werden – und das gerade in der heutigen Zeit – wie totalitäre Regierungen die Menschen mit ihren Ideologien und Geschichtsverfälschungen überziehen. Ehingen wurde auch davon nicht verschont. Das zeigt Dr. Rak in seinem Buch verständlich und anschaulich auf.

    Aus diesem Grunde hat sich die Museumsgesellschaft Ehingen entschlossen, den Schulen in Ehingen einen Klassensatz des Buches und Lehrerexemplare für den Unterricht zur Verfügung zu stellen. Die Museumsgesellschaft Ehingen verfolgt damit das Ziel, die im Grundgesetz verankerten demokratischen Werte ins Bewusstsein zu bringen.

  • Eine Bauaufnahme von 1975

    Herr Reinhold Ege war bereit, uns die beeindruckende schriftliche Ausarbeitung 

    „Der Spital zum Heiligen Geist in Ehingen (Donau)“

    Eine Bauaufnahme von Hr. Reinhold Ege / 1975 

    für das Archiv zur Verfügung zu stellen.

    Wir bedanken uns herzlichst bei
    Herrn Reinhold Ege 

  • „...denn man sieht nur, was man weiß“

    Herr Reinhold Ege war bereit, uns die schriftliche Ausarbeitung seines interessanten und lehrreichen Vortrages

    „...denn man sieht nur, was man weiß“ **

    ** Johann Wolfgang von Goethe in einem Brief an Friedrich von Müller,1819

    für das Archiv zur Verfügung zu stellen.

    Wir bedanken uns herzlichst bei
    Herrn Reinhold Ege

  • Die Tiersammlung aus dem Schloss Oberdischingen

    1891 schenkte der damalige Besitzer des Rittergutes Friedrich Kaulla (1807 – 1895) die aus 30 bis 35 Kästen bestehende Sammlung an das Gymnasium Ehingen. Später gelangte sie an den Bezirksaltertumsverein. Ursprünglich umfasste sie neben den noch vorhandenen Vögeln, Vogeleier und Säugetieren auch Käfer und Schmetterlinge...
     
     
  • Der alte und neue Vorstand nach
    den Wahlen am 31.03.2023

     

    Die Museumsgesellschaft bedankt sich bei den ausscheidenden Vorstandsmitgliedern sowie bei der Kassenprüferin Fr. Inge Clement für ihre geleistete Arbeit und begrüßt die neuen Vorstandsmitglieder recht herzlich.

     

  • Dankschreiben

    Herr Jürgen Wicker, Schulleiter der Franz- von- Sales- Jungenrealschule in Ehingen, hat sich für die Spende eines Klassensatzes des Buches „Nationalsozialismus in Ehingen“ mit diesem Schreiben bei der Museumsgesellschaft bedankt.