„Bierkultur und Friedhof“
Eine Führung mit Jürgen Braun über den Friedhof am 15.10.2023
Die Umfassungsmauer des Friedhofs in Ehingen zeichnet sich durch eine stattliche Anzahl von alten Grabplatten aus dem 19. Jahrhundert (Anzahl 88) aus, darunter auch von Angehörigen Ehinger Wirtschaften mit und ohne Brauereien.
Der Friedhof außerhalb des Ulmer Stadttors wurde angelegt, als im 16. Jahrhundert der alte Gottesacker bei der Pfarrkirche St. Blasius zu klein wurde, außerdem spielten hygienische Gründe eine Rolle. 1591 wurde der Friedhof und die Friedhofskapelle St. Martin geweiht.
Einzelne Bestattungen in Familiengräber wurden bis 1784 noch bei St. Blasius vorgenommen. Für den „neuen“ Friedhof leisteten Adlige und Bürger der Stadt eine Beisteuer, den so genannten „Schlafpfennig“, da sie doch „allda ihr Schlaf- und Ruhebett haben möchten“.
Die Grabplatten dienten sowohl zur Erinnerung als auch durch ihre entsprechende Ausgestaltung dem Repräsentationsbedürfnis und dem Ansehen (Brauerstolz) der dort bestatteten Angehörigen. Die Mehrzahl der Grabplatten bestehen aus verschiedenen Arten von Sandstein. Leider sind sehr viele Platten durch Umwelteinflüsse (Luftverschmutzung, Auswaschungen) geschädigt. Somit fällt die Entzifferung der Inschriften schwer. Im folgenden Abschnitt werden 3 Platten beschrieben. Diese befinden sich eingelassen in der Kapellenmauer links vom Eingang.
Die erste Platte von Crezentia Enderle schmückt der Text:
Geschmückt mit Schönheit
Fleiß und Tugend
Sanft in der Blüte ihrer zarten Jugend
Sie einem Röschen gleich verwelkt hinab
Sich von ….Gottes Vater Händen
Um deiner Mutter Schmerz zu enden
Die oft noch weinend stand vor deinem Grab
Hier ruht die Jungfrau Crezentia Enderle
geb. 26. August 1802
gest. 13. Mai 1821
Ein Engel Gottes bewacht ihr Grab
Der nächste Grabstein gefertigt aus Sandstein erinnert an Johann Adam Mersch.
Mit liebevoller Herzensgüte
Der Gattin und den Kindern zugethan
Mit Dankbarkeit und redlichem Gemüthe
Ein wahrer Menschenfreund und Ehrenmann
ging an der Tugend sicherm Wanderstab
Er ach zu früh ins stille Grab
Mit 35 Jahren starb im Jahre 1813 der Bürger und Gastgeber zum Schwert Johann Adam Mersch am 30. Oktober 1819
Er ruhe in Frieden.
Die folgende Grabplatte erinnert an Anton Enderle:
Der Gattin Leid, das keine Worte findet,
Der Kinder Schmerz, der klagend sich verkündet
Das trau´r Gefühl der Anverwandten
Und aller Bürger die ihn kannten
Grub wehmutsvoll in diesen Stein
Der Abschieds heiße Thränen ein,
Hier ruht Herr Anton Enderle
Gastwirt zum Ochsen, 38. Jahre alt
Er starb den 19. Juli 1819
Der Herr segne sein Gebein
Anton Enderle stammte vom Weißen Kreuz (Ecke Hauptstrasse/Tuchergasse). Das Wirtshausschild befindet sich im Ehinger Museum und trägt als Besitzer die Aufschrift: Mathias Enderle, Würth und Gastgeber (er war der Vater von Anton).
Ein weiterer Bruder Christoph Enderle war zu dieser Zeit Wirt auf der Wirtschaft zum Rad.
Teilgenommen haben an diesem Rundgang rund 30 Personen.
Ein weiterer Rundgang ist im Jahr 2024 geplant! Dann werden vor allem Familiengräber mit Bezug zum Brauwesen vorgestellt.



Die Museumsgesellschaft bedankt sich bei Jürgen Braun für die kurzweilige Führung und Erklärung der Grabplatten.






Text: Jürgen Braun / Franz Bartmann
Bilder: Gerd Schweizer / Norbert Stültgens